Mit der außergewöhnlichen Revue des KleynKunst Theaters im Kabarett Vindobona und der Installation der Rettungsplattform Aylan 1 im Mittelmeer ist am vergangenen Wochenende die vierte Ausgabe des Kulturfestivals WIENWOCHE zu Ende gegangen.
Künstler_innen wie Slava Farber, der moldawische Sänger jiddischer Schlager, oder die Kreuzberger Kabarettistin Jilet Ayşe brachten am Samstag Abend ihr Publikum zum Lachen, Tanzen und Nachdenken. Danach betrat mit Khebez Dawle eine Band die Bühne, die ihre Flucht aus Syrien als „Europa-Tour“ gestaltet. Am Sonntagmorgen hat dann das Berliner Künstler_innen-Kollektiv Zentrum für Politische Schönheit „Aylan 1“ in internationalen Gewässern vor Sizilien fest verankert. Die Insel schwimmt als Teil des Projekts „Die Jean-Monnet-Brücke“ unter österreichischer Flagge und soll im Namen der Republik Österreich Leben von über das Mittelmeer Flüchtenden retten.
Unter dem Motto „Harmonija, na ja …“ legten sich im Rahmen von WIENWOCHE 2015 insgesamt 17 Projekte mit dem „goldenen Mittelweg“ an und würdigten Dissens und Konflikt als Triebkräfte sozialer und kultureller Entwicklung. Dabei entschieden sich die Projektverantwortlichen für eine breite Palette an Formaten und Spielorten. Vom Musiktheater Lampedusa und der Dokumentarfilmpremiere Auf nach Europa im Wiener Odeon Theater auf der Mazzesinsel, über das erste queer-feministische Schwarze Filmfestival Österreichs im Mariahilfer Top Kino, einen an jüdische Sporttraditionen anknüpfenden Boxclub im Fünfhauser Brick-5, eine geschichtspolitische Geisterbahnfahrt im Wurstelprater, dekoloniale künstlerische Interventionen im Weltmuseum bis hin zu Kurzfilm- und geführten Audiospaziergängen durch den ersten Bezirk bzw. die Universität Wien oder einem Vernetzungstreffen „zivil Gehorsamer“ in der Ottakringer Volkshochschule.
Ebenso vielschichtig war das Publikum und nahm die von den Projekten gesetzten Impulse begeistert wie kritisch, neugierig wie hinterfragend auf. Was die Leiter_innen zahlreicher Kulturinstitutionen der Stadt als Vorhaben für die Zukunft bezeichnen, wurde im Rahmen von WIENWOCHE 2015 einmal mehr umgesetzt: nämlich möglichst unterschiedliche in Wien lebende Menschen als Publikum für Kunst und Kultur zu gewinnen. Der Ansturm der Besucher_innen brachte die Spielorte der 40 bei freiem Eintritt zu besuchenden Veranstaltungen nahezu jedes Mal an den Rand ihrer Kapazitätsgrenzen, sei es im Park oder im Museum, in der Schule oder im Theater.
„WIENWOCHE 2015 hat Geschichten erzählt, in denen sich Bürger_innen dieser Stadt wiedererkennen; hat Bilder geschaffen, die Lebensrealitäten und Zukunftsvisionen wiederspiegeln; hat berührende Klänge gespielt und anregende Ideen geschmiedet“, so die scheidenden Leiter_innen Radostina Patulova und Can Gülcü. „Wir verstehen das Festival als einen miteinander geteilten Raum, in dem Menschen aus unterschiedlichen Zusammenhängen ihre eigenen Anliegen, nicht jene anderer, durch künstlerische, kulturelle oder aktionistische Mittel präsentieren können“, ergänzen die WIENWOCHE-Macher_innen. Kulturinstitutionen, die tatsächlich alle Wiener_innen erreichen wollten, müssten ihre künstlerischen Formate, ihre Produktionsprozesse, ihre Kommunikationsgewohnheiten wie ihre Personalstruktur ebenso an die gegebenen gesellschaftlichen Verhältnisse anpassen, so Gülcü und Patulova abschließend.
WIENWOCHE setzt diese Arbeit bereits in den kommenden Monaten fort, wenn die designierten Leiterinnen Nataša Mackuljak und Ivana Marjanović ihre Pläne für die Zukunft des Kulturprojekts der Öffentlichkeit präsentieren. Bis dahin heißt es vom „alten“ Leitungsteam: „Danke an das ganze Team, an alle Projektbeteiligten sowie die Besucher_innen von WIENWOCHE 2015 für spannende 17 Tage!“